Was entschieden wurde
Am 16. Dezember 2020 hatte der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Rheinland-Pfalz festgestellt, dass ein angemessenes Verfahren fehle, um den Finanzbedarf der Kommunen insgesamt zu ermitteln, auch im Verhältnis zum Finanzbedarf des Landes. (Az.: VGH N 12/19, VGH N 13/19, VGH N 14/19)
Einzurichten, so das Gericht, sei vom Land ein „bedarfsorientierter Finanzausgleich“. Dessen Volumen und Verteilungswirkung habe sich durch eine Ermittlung des Bedarfs zu ergeben, die sich an den Aufgaben der Kommunen orientiere. Der neue KFA muss laut VerfGH in Verbindung mit angemessen ausgeschöpften kommunalen Einnahmemöglichkeiten (insbesondere Grundsteuer und Gewerbesteuer) den Kommunen eine Finanzausstattung gewährleisten, die den Aufgaben angemessen ist. In Kraft treten müsse der bedarfsorientierte Finanzausgleich spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2023.
Bedeutet ein bedarfsorientierter KFA mehr oder weniger Geld für die Kommunen als das bisherige stabilisierte Steuerverbundsystem? Das ließ der VerfGH offen.
Das Urteil des VerfGH zum KFA vom 16. Dezember 2020
Das Urteil im Detail (Zitatesammlung)
Wie war das Urteil zu verstehen? Hier die zentralen Aussagen der Entscheidung, aufgelistet nach Randnummern.
Das Innenministerium, das Finanzministerium und die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände (KSV) haben das Urteil aufgearbeitet, intensiv diskutiert und sich mit Stand vom 7. Juli 2021 auf eine Sammlung der wichtigsten Zitate mit Kurzinterpretationen beider Seiten (Landesregierung und KSV) geeinigt. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände besteht aus dem Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz, dem Landkreistag Rheinland-Pfalz und dem Städtetag Rheinland-Pfalz.
In vielen, aber nicht in allen Punkten sind die Interpretationen von Landesregierung und KSV identisch.
VerfGH Urteil Randnummer 50:
"Art. 49 LV gewährleistet den Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung (Art. 49 Abs. 1 bis 3 LV) und verpflichtet das Land, den Kommunen die zur Erfüllung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Gewährleistung eines Aufgabenbestandes auf kommunaler Ebene sowie Verpflichtung des Landes, diesen zuzüglich der eigenen Aufgaben jeder Kommune auskömmlich zu finanzieren.
1. Art. 49 LV garantiert keinen festen, aber adäquaten Aufgabenbestand.
2. Die Kommunen sind selbstverständlich zu einer Mitfinanzierung verpflichtet.
Selbstverwaltung bedeutet auch Selbstverantwortung. Das Land hat nach Art. 49 LV nicht die Pflicht, alle Aufgaben der Kommunen zu finanzieren, sondern die erforderlichen Mittel zu sichern. Der Unterschied liegt darin, dass die Kommunen die vom Land und dem Bund gewährten Einnahme-Optionen selbstverantwortlich nutzen müssen.
VerfGH Urteil Randnummer 52:
"Zum Selbstverwaltungsrecht gehört auch die kommunale Finanzhoheit. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Art. 49 Abs. 6 LV in gefestigter Rechtsprechung abgeleitet, dass den Gemeinden und Gemeindeverbänden eine angemessene Finanzausstattung verbürgt ist, weil eigenverantwortliches Handeln eine entsprechende Leistungsfähigkeit der Selbstverwaltungskörperschaft voraussetzt."
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Individueller Anspruch jeder Kommune. Dies ist von der Frage zu trennen, ob bei der Berechnung des KFA jede einzelne Kommune zu betrachten ist (vgl. auch Rn. 75).
Die Landesregierung versteht dies so:
Vgl. auch Rn. 67.
Individuelles Klagerecht; kein individuelles Recht auf Haushaltsausgleich allein durch das Land.
VerfGH Urteil Randnummer 53:
"Die Bestimmung des Art. 49 Abs. 6 LV steht in Einklang mit Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG und entspricht dessen Anforderungen (…). Sie geht ebenso wie das Grundgesetz von einer Gleichrangigkeit staatlicher und kommunaler Aufgaben aus und enthält keine Vorrang- bzw. Nachrangregelung in Bezug auf den Finanzbedarf einer Ebene."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Landes- und kommunale Aufgaben sind gleichrangig. Es gibt keine vorrangigen Aufgaben. Der Rechnungshof listet jährlich Fälle auf, in denen das Land und die Kommunen das Gebot wirtschaftlicher und sparsamer Haushaltsführung nicht beachtet. Insoweit sind hier die Ausgaben des Landes sowie der Kommunen entsprechend einer gesonderten Betrachtung zu unterziehen, soweit es sich um die Beurteilung der Gleichrangigkeit handelt. (siehe auch Anmerkung der Landesregierung zu Rn. 58)
VerfGH Urteil Randnummer 55:
"Die (Letzt-)Verantwortung für die Finanzausstattung der Kommunen trägt – als finanzverfassungsrechtliche Kehrseite der staatsorganisatorischen Zugehörigkeit der Kommunen zu den Ländern – das Land."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Von der Landesregierung wird ein kooperatives Verfahren angestrebt. Trotzdem entscheidet letztlich der Landtag Rheinland-Pfalz.
VerfGH Urteil Randnummer 56:
"Die von Art. 49 Abs. 6 LV gewährleistete Finanzausstattung der Kommunen stellt sich als angemessen dar, wenn die kommunalen Finanzmittel ausreichen, um den Gemeinden und Gemeindeverbänden die Erfüllung aller zugewiesenen und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auch die Wahrnehmung (jedenfalls eines Mindestbestandes) selbstgewählter Aufgaben zu ermöglichen."
Die Landesregierung versteht dies so:
Bis zum Urteil des VerfGH vom 16.12.2020 wurde von der Landesregierung ein positiver Finanzierungssaldo als Indikator für eine in der Gesamthöhe angemessene Finanzausstattung angesehen, weil offensichtlich nach Erfüllung aller zugewiesenen und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung sowie nach Wahrnehmung selbstgewählter Aufgaben noch Geld übrig war.
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Die Kommunen geben in vielen Bereichen zu wenig aus, die Sichtweise auf den Finanzierungssaldo gibt kein tatsächliches Bild wieder. Der nachweislich – und auch vom Rechnungshof festgestellte – bestehende Investitionsstau muss eingepreist werden. Ebenso fehlen die Mittel für einen echten – vom VerfGH angemahnten – Abbau der Liquiditätskredite. Hier hat der Rechnungshof eine Berechnung der benötigten Finanzmittel vorgelegt.
Dieser Indikator dominiert zwar ggf. die politische Bewertung der kommunalen Finanzsituation, ist aber spätestens seit Einführung der kommunalen Doppik nicht aussagekräftig genug. Der Finanzierungssaldo beinhaltet keine kalkulatorischen Kosten wie Rückstellungen oder Abschreibungen.
Die Abschreibungen in der Doppik belasten als erfolgswirksamer Aufwand (trotz Gegenbuchung der jährlichen Auflösung von erhaltenen Investitionszuwendungen) den Ergebnishaushalt und haben damit unmittelbar Auswirkungen auf den Haushaltsausgleich der jeweiligen Jahre und das bei Abschreibungszeiträumen von 20 und mehr Jahren!
VerfGH Urteil Randnummer 58:
"Allerdings garantiert der Anspruch auf eine angemessene („aufgabenadäquate“) Finanzausstattung keine Vollfinanzierung kommunaler Aufgaben im Sinne einer kompletten Kostenerstattung (…). Zum einen hat das Land bei der Ermittlung des kommunalen Finanzbedarfs die eigenen Einnahmequellen der Kommunen zu berücksichtigen und zu prüfen, ob bestehende Einnahmepotentiale umfassend ausgeschöpft wurden (…). Zum anderen müssen sich nicht sämtliche Ausgaben der Kommunen zwangsläufig als ausgleichsrelevant darstellen. Aus der Pflicht des Landes zur Sicherung der „erforderlichen Mittel“ nach Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV folgt, dass Aufwendungen, die das Gebot wirtschaftlicher und sparsamer Haushaltsführung nicht beachten, unberücksichtigt bleiben dürfen (…)."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Eine Vollfinanzierung durch das Land ist zum einen verfassungsrechtlich nicht gefordert und würde im Übrigen im Widerspruch zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen stehen. Zum anderen dürfen unwirtschaftliche Ausgaben unberücksichtigt bleiben. Folglich kann jede "Finanzierungsquote" zum einen unter 100 Prozent liegen und sich zum anderen von Jahr zu Jahr grundsätzlich auch verändern.
Die Landesregierung versteht dies so:
Die Kommunen müssen ihre Einnahmepotentiale umfassend ausschöpfen (Hebesätze).
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Das Urteil des VerfGH aus dem Jahr 2012, auf welches sich der VerfGH in seinem Urteil vom 16.12.2020 bezieht, definiert die größtmögliche Kraftanstrengung der Kommunen mit einer „angemessenen“ Ausschöpfung der Einnahmequellen, nicht jedoch als eine totale Ausschöpfung.
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Der Rechnungshof listet jährlich Fälle auf, in denen das Land ebenso wie Kommunalverwaltungen das Gebot wirtschaftlicher und sparsamer Haushaltsführung nicht beachten. Insofern wären grundsätzlich pauschale Abschläge vorstellbar.
VerfGH Urteil Randnummer 59:
"Zudem beinhaltet Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV zwar einen weitgehenden, aber keinen absoluten Schutz des Anspruchs auf eine finanzielle Mindestausstattung. (…) Inhalt und Umfang einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden und Gemeindeverbände richten sich nicht ausschließlich nach den Erfordernissen der kommunalen Selbstverwaltung. Die Frage der Angemessenheit kann vielmehr nur unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Belange des Landes beantwortet werden, mit dem die Gemeinden und Gemeindeverbände in einem Finanzverbund zusammengeschlossen sind. (…) Ein solches Verständnis ließe sich mit der prinzipiellen Gleichwertigkeit staatlicher und kommunaler Aufgaben nicht in Einklang bringen."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen ist in nur sehr engen Grenzen (auch nach unten) veränderbar. Es gibt keinen Vorrang der kommunalen Aufgaben gegenüber anderen verfassungsrechtlich gleichwertigen Gütern.
Die Verfassung sieht eine aufgabenangemessene Finanzausstattung der Kommunen im Lasten- und Finanzausgleich. Insoweit ist die Mindestfinanzausstattung der Kommunen durchaus im Wege der Aufgabenrückführung veränderbar.
VerfGH Urteil Randnummer 60:
"Auch wenn Art. 49 Abs. 6 LV damit kein striktes Verbot der Unterschreitung einer bestimmten finanziellen Mindestausstattung und damit keine absolut geschützte Untergrenze vorschreibt, sind dem Vorbehalt der Leistungsfähigkeit oder Leistungskraft des Landes enge Grenzen gesetzt. Nicht jeder defizitäre Landeshaushalt berechtigt zur Unterschreitung der kommunalen Mindestfinanzausstattung. (…) Die Möglichkeit der (vorübergehenden) Unterschreitung der finanziellen Mindestgarantie ist daher auf extreme finanzielle Notlagen im Sinne von außergewöhnlichen Notsituationen (vgl. auch Art. 117 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a LV) beschränkt."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Einem Unterschreiten der finanziellen Mindestausstattung der Kommunen sind sehr enge Grenzen gesetzt. Ein Unterschreiten der kommunalen Mindestfinanzausstattung ist nur dann möglich, wenn auch die Voraussetzungen für ein Abweichen von der in Art. 117 LV geregelten sog. Schuldenbremse aufgrund einer außergewöhnlichen Notsituation vorliegen.
VerfGH Urteil Randnummer 61:
"Der Anspruch auf eine angemessene Mindestausstattung lässt sich nicht genau beziffern; aus der Verfassung selbst ergeben sich keine bestimmten Quoten oder zahlenmäßig festgelegten Beträge."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Es gibt keinen festen Betrag der finanziellen Mindestausstattung der Kommunen.
VerfGH Urteil Randnummer 62:
"Bei der Ermittlung der den Kommunen im vertikalen Finanzausgleich insgesamt zu gewährenden Mittel steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu, der Grund und Grenzen in Art. 49 Abs. 6 LV findet."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Der Gesetzgeber entscheidet in vom VerfGH definierten engen Grenzen. Es gilt den Bedarf nachvollziehbar einzuschätzen und vor allem realitätsgerecht zu ermitteln (Rn. 108).
VerfGH Urteil Randnummer 63:
"Die widerstreitenden finanziellen Belange des Landes und der Kommunen sind zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Angesichts der erwähnten grundsätzlichen Gleichwertigkeit von staatlichen und kommunalen Aufgaben wird der vertikale Finanzausgleich danach im Ausgangspunkt durch den Grundsatz der Verteilungssymmetrie bestimmt, der eine gleichmäßige und gerechte Aufteilung der verfügbaren Finanzmittel auf die verschiedenen Ebenen gebietet. (…) Der Gesetzgeber hat seinen Entscheidungen über Umfang und Verteilung der Finanzausgleichsmittel mithin eine das Land und die Kommunen erfassende Betrachtung der Aufgaben- und Ausgabenlasten sowie der Einnahmensituation zugrunde zu legen.
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Staatliche und kommunale Aufgaben sind gleichwertig. Es gibt keinen Vorrang staatlicher oder kommunaler Aufgaben.
VerfGH Urteil Randnummer 64:
"Nach Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV bilden die Aufgaben der Kommunen den verfassungsrechtlichen Maßstab, der den Umfang der aufgabenangemessenen Finanzausstattung bestimmt. Der nach dem Grundsatz der Verteilungssymmetrie prinzipiell eröffnete weite Beurteilungsspielraum wird damit durch das Gebot eines aufgabengerechten Finanzausgleichs begrenzt."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Der Grundsatz der Verteilungssymmetrie wird in einnahmeschwachen Jahren durch die Mindestfinanzausstattung durchbrochen, es sei denn, es liegt eine außergewöhnliche Notsituation vor.
VerfGH Urteil Randnummer 67:
"Der Gesetzgeber [darf bei der Ermittlung des kommunalen Finanzbedarfs] auch pauschalieren und schätzen. … [Er muss] nicht den Finanzbedarf jeder einzelnen Kommune in den Blick nehmen."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Nicht alle der kommunalen Auftragsangelegenheiten und Pflichtaufgaben müssen einzeln erfasst und bewertet werden.
Es wird angestrebt, Aufgaben mit geringem finanziellen Gewicht zunächst zum einen zusammenzufassen und zum anderen mit einem pauschalen Zuschlag zu bewerten. Im Zeitablauf nach der Neuregelung zum 1.1.2023 kann das Verfahren Zug um Zug verfeinert werden.
Ein Bottom-up-Verfahren oder eine Totalerhebung sind nicht erforderlich.
Pauschalieren und schätzen in Grenzen ja, aber es gilt den Bedarf nachvollziehbar einzuschätzen und vor allem realitätsgerecht zu ermitteln. (Rn. 108)
VerfGH Urteil Randnummer 68:
"Auch im Rahmen des interkommunalen Finanzausgleichs – also bei der Verteilung der Finanzausgleichsmittel innerhalb des kommunalen Raums – steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu, dem allerdings durch Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV gleichfalls rechtliche Grenzen gesetzt sind."
Die Landesregierung versteht dies so:
Allgemeine, abstrakte Vorgaben für die horizontale Verteilung.
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Eine Überabschöpfung von Mitteln steuerstarker Kommunen ist ausgeschlossen, die Grenze ist mit Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV benannt, Rn. 71-73.
VerfGH Urteil Randnummer 69:
"Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot ist verletzt, wenn bei der Finanzmittelverteilung bestimmte Gebietskörperschaften oder Gebietskörperschaftsgruppen sachwidrig benachteiligt oder bevorzugt werden (…), wenn mithin für die getroffene Regelung jeder sachliche Grund fehlt. (…) Vielmehr kommt es allein darauf an, ob die gesetzgeberischen Einschätzungen unter dem Gesichtspunkt der Sachgerechtigkeit vertretbar sind."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Allgemeine, abstrakte Vorgaben für die horizontale Verteilung.
VerfGH Urteil Randnummer 70:
"Zudem ist das – aus dem Gebot interkommunaler Gleichbehandlung abgeleitete – Folgerichtigkeitsgebot zu beachten das den Gesetzgeber an die von diesem selbst formulierten Leitgedanken des jeweiligen Gesetzes bindet."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Allgemeine, abstrakte Vorgaben für die horizontale Verteilung.
VerfGH Urteil Randnummer 71:
"Darüber hinaus ist das Nivellierungs- bzw. Übernivellierungsverbot zu beachten, wonach der kommunale Finanzausgleich vorhandene Finanzkraftunterschiede durch die Gewährung von Landesmitteln nicht völlig abbauen soll. Erst recht darf die tatsächliche Finanzkraftreihenfolge der Kommunen durch den Ausgleich nicht umgekehrt werden."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Allgemeine, abstrakte Vorgaben für die horizontale Verteilung.
VerfGH Urteil Randnummer 72:
"Auf der anderen Seite wird der horizontale Finanzausgleich durch den Gedanken der interkommunalen Solidarität geprägt, der seinem Wesen nach auch eine Verantwortung der Gemeinden untereinander begründet (…) Ungleichheiten sollen im Interesse der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse (vgl. auch Art. 72 Abs. 2, Art. 106 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 GG) gemildert werden."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Hinweis des VerfGH zur möglichen Intensivierung der Finanzausgleichsumlage.
Dabei sind jedoch die Abschöpfungsgrenzen zu beachten, die tatsächliche Finanzkraftreihenfolge der Kommunen darf nicht umgekehrt werden (Rn. 71).
Der Rückschluss auf eine intensivere Finanzausgleichsumlage ist zulässig, aber nicht zwingend. Zu denken wäre ebenso an eine Stärkung der finanzkraftabhängigen Schlüsselzuweisungen B 2.
VerfGH Urteil Randnummer 73:
"Daher verpflichtet Art. 49 Abs. 6 LV das Land zu einem Finanzausgleich, der die Finanzquellen der Kommunen ergänzt und die Finanzkraftunterschiede zwischen den Kommunen abbaut."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Allgemeine Vorgaben für die horizontale Verteilung.
Der Abbau von Unterschieden kann durch unterschiedlich hohe Zuweisungen, aber auch durch Umlagen erfolgen.
VerfGH Urteil Randnummer 74:
"[Es] ergeben sich ergeben sich aus der Struktur der gesetzgeberischen Entscheidung über den Finanzausgleich und dem Schutzzweck des Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV einige verfahrensrechtliche Mindestanforderungen."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Allgemeine Vorgaben für den kommunalen Finanzausgleich.
VerfGH Urteil Randnummer 75:
"Bei dem Schutz des kommunalen Selbstverwaltungsrechts nach Art. 49 LV handelt es sich zwar nicht um den Schutz von Grundrechten der Gemeinden und Gemeindeverbände, sondern um die institutionelle Garantie der kommunalen Selbstverwaltung […] Aber auch bei ihr muss von Verfassungs wegen eine prozedurale Absicherung vorgeschaltet werden, […].
Der verfassungsrechtliche Schutz der Finanzhoheit der Gemeinden und Gemeindeverbände ist damit in den Prozess der Entscheidungsfindung [über den kommunalen Finanzausgleich] vorzuverlagern."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Es muss allein schon aus Verfahrensgründen eine "Bedarfsorientierung" erfolgen.
Der Gesetzgeber muss sich ein Bild von der Höhe der zur kommunalen Aufgabenerfüllung notwendigen Finanzmittel machen eine aufgaben- und bedarfsorientierte Betrachtung vornehmen (Rn. 80). Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Andere Modelle bleiben ggf. möglich.
VerfGH Urteil Randnummer 77:
"Das Gebot eines aufgabenadäquaten Finanzausgleichs enthält neben der materiell-rechtlichen Gewährleistung einer aufgabenadäquaten kommunalen Finanzausstattung auch verfahrensrechtliche Mindestanforderungen für die Finanzausgleichsentscheidung, die zu einer Rationalisierung des staatlichen Entscheidungsprozesses und damit auch zu einer größeren Akzeptanz beitragen."
Die Landesregierung versteht dies so:
Die Entscheidungen über das LFAG sollen nach dem Willen des VerfGH einer größeren Rationalisierung unterliegen. Dies erfordert ein bestimmtes Verfahren.
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
„Der Gesetzgeber muss sich ein Bild von der Höhe der zur kommunalen Aufgabenerfüllung erforderlichen („aufgabenadäquaten“) Finanzmittel machen.“
Die Akzeptanz ist allein davon abhängig, ob die künftige Finanzausstattung eine Aufgabenerfüllung sowie die kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung ohne die Aufnahme weiterer Liquiditätskredite ermöglicht oder nicht.
VerfGH Urteil Randnummer 78:
"Sollen den Gemeinden und Gemeindeverbänden grundsätzlich die Mittel zur Verfügung stehen, die sie in die Lage versetzen, über ihre Pflichtaufgaben hinaus auch freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zu übernehmen, muss zunächst eine realitätsnahe Ermittlung der Kosten sowohl der Pflichtaufgaben der Selbstverwaltung als auch der ihnen übertragenen staatlichen Aufgaben und eine Abschätzung der Einnahmequellen der Kommunen der Höhe nach erfolgen. Erst dann kann abgesehen werden, welche Summe erforderlich ist, um die Kommunen insgesamt in den Stand zu versetzen, ihre pflichtigen Aufgaben zu erfüllen und sich darüber hinaus noch freiwilligen Aufgaben zu widmen."
Die Landesregierung versteht dies so:
Ausgaben für Auftragsangelegenheiten
+ Ausgaben für Pflichtaufgaben
+ Ausgaben für ein Minimum an freiwilligen Aufgaben
./. Einnahmemöglichkeiten (-quellen)
= erforderliche Summe
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Ausgaben für Existenzaufgaben
+ Ausgaben für Aufgaben als Behörde der Landesverwaltung
+ Ausgaben für Auftragsangelegenheiten
+ Ausgaben für Pflichtaufgaben
+ Ausgaben für freiwillige Aufgaben
./. Einnahmemöglichkeiten (-quellen)
= erforderliche Summe
Es ist auch die tatsächliche Verwendung der zur Verfügung gestellten „erforderlichen Summe“ zu betrachten. Wenn das Land 3 Mrd. Euro zur Verfügung stellt, davon 700 Mio. Euro für Landesprogramme u.a. verausgabt, ist das nicht die Zurverfügungstellung der erforderlichen Summe!
= erforderliche Summe (Finanzausgleichmasse)
+ zweckfremde Verwendung (Befrachtung)
= kommunaler Bedarf
Bspw.: Landesschulbauprogramm, Landeskrankenhausprogramm, Entnahme der KEF-Mittel aus dem KFA
VerfGH Urteil Randnummer 80:
"Wie erwähnt kommt dem Gesetzgeber bei der Ermittlung des Finanzbedarfs der Kommunen ein methodischer Gestaltungsspielraum zu. Allerdings hat er nach den vorstehenden Ausführungen und mit Blick auf den Wortlaut des Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV eine aufgaben- und bedarfsorientierte Betrachtung vorzunehmen."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Verfassungsrechtliche Einschränkung der Freiheit bei der Umsetzung der Reform.
VerfGH Urteil Randnummer 81:
"Schließlich trifft den Gesetzgeber eine Beobachtungs- und Anpassungspflicht im Hinblick auf einmal getroffene finanzausgleichsrechtliche Entscheidungen. (…) Ohne eine Kontrolle und ggf. Korrektur des bestehenden Finanzausgleichssystems könnten die Kommunen daher allein durch tatsächliche Entwicklungen in eine mit Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV nicht mehr vereinbare finanzielle Lage geraten (…)."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Die Auswirkungen des LFAGs sind im Zeitablauf fortwährend zu beobachten. Ggf. ist das LFAG anzupassen.
Die Kontrolle ist eine Daueraufgabe, die Finanzausstattung muss sich den permanenten Veränderungen anpassen. Bsp. Kindertagesstätten, hier gibt es permanente Anpassungen aufgrund der Regelungen im KiTaG, die mindestens in den nächsten sieben Jahren zu ständigen Veränderungen führen.
Auch sind die Anpassungen bzw. Nichtanpassungen im Rahmen des KonnexAG laufend zu berücksichtigen, denn mangels einer Anpassung nach § 2 Abs. 6 bzw. § 3 Abs. 5 KonnexAG ergeben sich finanzielle Mehrbedarfe, die im Rahmen der dauerhaften Betrachtung einzupreisen sind. Insoweit ein Hinweis auf die Entscheidung des VerfGH in Bezug auf das KonnexP aus dem Jahr 2015. Alle zukünftigen Veränderungen sind nach den Ausführungen aus dem Jahr 2015 nun bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen.
VerfGH Urteil Randnummer 82:
"Konkret erforderlich ist eine Überprüfung der Stimmigkeit des kommunalen Finanzierungssystems in angemessenen Abständen – nicht notwendig von Jahr zu Jahr – und unter besonderer Berücksichtigung eventueller Veränderungen der Aufgabenwahrnehmung, der Aufgabenverteilung zwischen kommunaler Ebene und Landesebene sowie der für die Aufgabenerfüllung anfallenden Kosten. Der Gesetzgeber darf sich vor diesem Hintergrund nicht darauf beschränken, einmal festgesetzte Werte, Größenordnungen und Prozentzahlen in den folgenden Finanzausgleichsgesetzen fortzuschreiben, ohne sich erneut ihrer sachlichen Eignung zu vergewissern."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Eine jährliche pauschalierte Fortschreibung, etwa in Höhe der Tarifabschlüsse oder der Lebenshaltungskosten, reicht nicht aus.
Die Notwendigkeit wird sich im Zeitablauf ergeben, je nachdem welche Aufgaben den Kommunen zusätzlich übertragen werden bzw. welche Verteuerungen sich ergeben. Das Verfahren sollte in jedem Fall von einer Dauerbetrachtung ausgehen und entsprechend aufgelegt sein.
VerfGH Urteil Randnummer 83:
"Der Gesetzgeber hat die wesentlichen Ergebnisse seiner (Bedarfs-)Ermittlungen und seine hierauf fußenden Erwägungen durch Aufnahme in die Gesetzesmaterialien (zum Beispiel in die Gesetzesbegründung oder die Ausschussprotokolle) auch transparent zu machen."
Die Landesregierung versteht dies so:
Seitens der Landesregierung wird alles im Gesetzentwurf und in der Gesetzesbegründung dokumentiert (die Landesregierung hat – in Grenzen – Einfluss auf die Gesetzesbegründung, nicht dagegen auf die Ausschussprotokolle).
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Es ist ausreichend, wenn die Landesregierung bei eigenen Gesetzentwürfen und Gesetzesvorhaben die Dokumentationspflicht erfüllt und vor allem eine Gesetzesfolgenabschätzung und bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Kon-nexAG eine nachvollziehbare Konnexitätsbetrachtung auch tatsächlich vornimmt.
VerfGH Urteil Randnummer 84:
"Schutz durch Verfahren kann zum anderen durch Anhörungs- und Beteiligungsrechte der kommunalen Ebene gewährleistet werden. Eine Kombination aus Dokumentations- und Begründungspflichten sowie Teilhabe- bzw. Beteiligungsrechten kann zu einer Versachlichung und Rationalisierung des Entscheidungsprozesses beitragen."
Die Landesregierung versteht dies so:
Dem Hinweis auf die Anhörungs- und Beteiligungsrechte kommt die Landesregierung über § 129 GemO / § 72 LKO sowie über das Landesgesetz über den Kommunalen Rat hinaus gerne nach. Die kommunalen Spitzenverbände werden eng in die Arbeit eingebunden; damit ist auch eine Einbindung von kommunalen Praktikern gewährleistet.
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände haben die Randnummer 84 gemeinsam mit den Randnummern 113 und 114 erörtert (unter dem Oberbegriff Prozedurale Absicherung) und halten fest:
Die bayerische Regelung (Art. 23 des Bayerischen Finanzausgleichsgesetzes) ist als 1:1-Blaupause für Rheinland-Pfalz nicht geeignet, aber kann durchaus eine Orientierung für eine über das gegebene Maß der Beteiligung der KSV an der finanzausgleichsrechtlichen Gesetzgebung hinausgehende Einbindung geben. Die Eckpunkte für die Orientierung wären dann:
1. Die Letztverantwortung des Haushaltsgesetzgebers bleibt bestehen.
2. Regelmäßige Einbindung der KSV in die Beobachtung der Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben der kommunalen und der Landesebene.
3. Erörterung der Entwicklung und Anpassung der aufgabenangemessenen Finanzausstattung zwischen Landesregierung und KSV rechtzeitig vor Beschluss des Regierungsentwurfs für das Haushaltsgesetz.
4. Verbindliche, d.h. gesetzliche Festlegung der institutionellen Regelung (Finanzausgleichskommission) und zeitlichen Abfolge der Beteiligung der KSV.
VerfGH Urteil Randnummer 86:
"Das gegenwärtige System des kommunalen Finanzausgleichs in Rheinland-Pfalz entspricht nicht den Anforderungen des Art. 49 Abs. 6 LV. Es sichert den Gemeinden und Gemeindeverbänden nicht "die zur Erfüllung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel" im Sinne des Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV."
Die Landesregierung versteht dies so:
Das gegenwärtige System des kommunalen Finanzausgleichs kann den Gemeinden und Gemeindeverbänden nicht "die zur Erfüllung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel" sichern, weil die Höhe der erforderlichen Mittel nicht ermittelt wurde, sondern die Höhe der Mittel allein von der Höhe bestimmter Steuereinnahmen des Landes abhängt. Es handelt sich (wiederholt) um die Feststellung eines Verfahrensfehlers, aber nicht – und das zeigen die zahlreichen anderen Abschnitte des Urteils – um die Feststellung, dass gegenwärtig oder seit 2014 die Finanzausgleichsmasse zu gering (gewesen) sei.
Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistags, scheint ähnlicher Meinung zu sein: "Davon abgesehen kommt das Urteil vom 16.12.2020 bemerkenswerterweise völlig ohne Ausführungen zur – nach wie vor äußerst prekären – Finanzlage der Kommunen in Rheinland-Pfalz aus und verknüpft mit der mit dem erneuten Unvereinbarkeitsausspruch wiederum verbundenen Neuregelungspflicht – diesmal zum 1.1.2023 – daher auch – anders als noch 2012 – nicht auch ein finanzielles Verbesserungsgebot." (Der Landkreis, Heft 1-2/2021, S. 42, linke Spalte.)
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Art. 49 Abs. 6 LV regelt: "Das Land hat den Gemeinden und Gemeindeverbänden auch die zur Erfüllung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern." Die Ausführungen des VerfGH zeigen deutlich eine Unterfinanzierung auf, denn Art. 49 Abs. 6 S. 1 LV enthält keine Verfahrensregelungen, sondern beinhaltet die Sicherung der Mittel u.a. durch den KFA.
Folgerichtig macht der VerfGH in seiner Entscheidung deutlich, dass in den streitgegenständlichen Haushaltsjahren 2014 und 2015 eine verfassungswidrige Unterfinanzierung der kommunalen Ebene vorlag, s. Rn. 92: „In tatsächlicher Hinsicht war bei einer Gesamtbetrachtung der Finanzierungsdefizite sämtlicher kommunaler Ebenen im Jahr 2014 und Teilen hiervon im Jahr 2015, wie sie das Statistische Landesamt in seiner Stellungnahme vom 28. November 2019 und der Rechnungshof in seiner Stellungnahme vom 10. Dezember 2019 dargelegt haben, eine solche Aufgabenerfüllung nicht sicher gewährleistet.“ Damit hat sich der VerfGH entgegen anderer Meinung unmittelbar zur Finanzlage der Kommunen in den Jahren 2014 und 2015 geäußert. Ob der Verfassungsgerichtshof bei ausreichender Finanzierung ebenfalls einen Verfahrensfehler erkannt hätte, ist Spekulation.
VerfGH Urteil Randnummer 92:
"Die Verbindung von Finanzausstattungsgarantie und kommunaler Aufgabenwahrnehmung enthält dabei zwei für das System des rheinland-pfälzischen kommunalen Finanzausgleichs wesentliche Grundaussagen: Erstens kann eine (verfassungsrechtlich geforderte) angemessene Finanzausstattung nicht gewährleistet werden, ohne die konkreten Aufgaben und den damit einhergehenden Finanzbedarf in den Blick zu nehmen. Das Gebot eines aufgabenadäquaten Finanzausgleichs modifiziert das bisherige, von konkreten Bedarfen der Gemeinden und Gemeindeverbände losgelöste Modell zur Ermittlung der Finanzausgleichsmasse. Die Prämisse der Aufgabenbezogenheit enthält allerdings keine Aussage zur Höhe der Finanzausgleichsmasse, sondern bezieht sich allein auf den Weg ihrer Ermittlung. Eine aufgabenadäquate Finanzausstattung kann daher zu einem im Vergleich zu der für die Jahre 2014 und 2015 ermittelten Finanzausgleichsmasse höheren, aber auch zu einem geringeren Betrag führen (vgl. StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 – P.St. 2361 –, juris Rn. 166). Zweitens macht die Bezugnahme auf zugewiesene (übertragene) und selbstgewählte (freie) Aufgaben eine Differenzierung innerhalb der Finanzausstattungsgarantie erforderlich. Soll eine angemessene Finanzausstattung den Kommunen die Wahrnehmung jedenfalls eines Minimums an freien Aufgaben ermöglichen, muss sie so bemessen sein, dass die (notwendige und vorrangige, vgl. dazu ThürVerfGH, Urteil vom 3. Mai 2005 – 28/03 –, juris Rn. 129) Erfüllung der (durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes, vgl. § 2 Abs. 1, Abs. 2 GemO) übertragenen Pflichtaufgaben bzw. Auftragsangelegenheiten ermöglicht wird. In tatsächlicher Hinsicht war bei einer Gesamtbetrachtung der Finanzierungsdefizite sämtlicher kommunaler Ebenen im Jahr 2014 und Teilen hiervon im Jahr 2015, wie sie das Statistische Landesamt in seiner Stellungnahme vom 28. November 2019 und der Rechnungshof in seiner Stellungnahme vom 10. Dezember 2019 dargelegt haben, eine solche Aufgabenerfüllung nicht sicher gewährleistet."
Die Landesregierung versteht dies so:
Forderungen nach einer höheren Finanzausgleichsmasse finden ihre Begründung nicht in dem Urteil.
Finanzausstattungsgarantie für zugewiesene Aufgaben ist stärker als für freiwillige Aufgaben.
Es kommt auf die Betrachtung nach Gebietskörperschaftsgruppen (und nicht auf einzelne Gebietskörperschaften) an.
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Die Betrachtung nach Gebietskörperschaftsgruppen ist aus Rn. 92 nicht ableitbar. In Summe wird daraus eine nicht auskömmliche kommunale Finanzausstattung abgeleitet.
VerfGH Urteil Randnummer 93:
"Die Mindestfinanzausstattungsgarantie steht unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes; der Leistungsfähigkeitsvorbehalt ist mit Blick auf Art. 49 Abs. 6 LV dabei aber in einem engen Sinne zu verstehen."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Auch für das Land gilt eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung.
VerfGH Urteil Randnummer 94:
"Vor diesem Hintergrund kommt eine Unterschreitung der grundsätzlich zu gewährenden Mindestfinanzausstattung nur in eng begrenzten Ausnahmesituationen in Betracht, in denen die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigt ist. Namentlich wird dies dann anzunehmen sein, wenn zugleich die Voraussetzungen des Art. 117 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a LV für eine Kreditaufnahme des Landes vorliegen."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Unterschreiten nur bei Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notsituationen.
VerfGH Urteil Randnummer 95:
"Während die Erfüllung der übertragenen Aufgaben durch die Kommunen danach im Grundsatz finanziell sichergestellt sein muss, sind dem Gesetzgeber hinsichtlich der Finanzierung der freien Selbstverwaltungsangelegenheiten weite Gestaltungsspielräume eröffnet."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Der VerfGH stellt je nach Aufgabentyp unterschiedlich Anforderungen.
Diese Sichtweise entspricht der verfassungsrechtlichen Vorgabe des Art. 49 Abs. 6 LV: „Das Land hat den Gemeinden und Gemeindeverbänden auch die zur Erfüllung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern. Es stellt ihnen für ihre freiwillige öffentliche Tätigkeit in eigener Verantwortung zu verwaltende Einnahmequellen zur Verfügung.“ [Hervorhebung durch AG KSV] Satz 2 setzt voraus, dass alle übertragenen Aufgaben ohne Aufnahme von dauerhaft bestehenden Krediten zur Liquiditätssicherung finanziert werden können und aus den eigenen Finanzquellen ausreichend Mittel zur Verfügung stehen, so dass freiwillige Aufgaben – ebenfalls ohne Aufnahme von dauerhaft bestehenden Krediten zur Liquiditätssicherung – finanziert werden können.
VerfGH Urteil Randnummer 102:
"Zur Sicherstellung der finanziellen Mindestausstattung im Bereich der pflichtigen Aufgabenerfüllung bietet sich die Erstellung eines Katalogs kommunaler Pflichtaufgaben an, der auch den Unterschieden und Besonderheiten hinsichtlich der einzelnen Gebietskörperschaftsgruppen angemessen Rechnung trägt."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
In einem ersten Schritt wird der Katalog erstellt.
VerfGH Urteil Randnummer 103:
"Verfassungsrechtlich unbedenklich ist es, wenn der Gesetzgeber im Rahmen der Neukonzeption die auch bei den Kommunen bestehenden Einflussmöglichkeiten berücksichtigt und von ihnen eine größtmögliche Kraftanspannung fordert. (…) Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV, der seine Gewährleistungen auf die zur Aufgabenerfüllung „erforderlichen Mittel“ beschränkt, steht daher einer gesetzlichen Regelung nicht entgegen, die auf Seiten der Kommunen von einer umfassenden Nutzung von Einsparpotenzialen ausgeht und dies der Berechnung der Finanzausgleichsmasse zugrunde legt. Bei der Ermittlung des Finanzbedarfs hat sich im Falle einer aufgabenbezogenen Finanzausgleichsmasse eine pauschalierende Vorgehensweise zur Prüfung der Angemessenheit von Kosten bzw. Defiziten bewährt. Danach werden für einzelne Aufgabenbereiche – unter Berücksichtigung der Vergleichbarkeit der jeweiligen kommunalen Gruppen – Durchschnittswerte ermittelt. Als Maßstab können die wirtschaftlich arbeitenden Gemeinden und Gemeindeverbände herangezogen werden und dürfen Aufwendungen, die das Gebot wirtschaftlicher und sparsamer Haushaltsführung nicht beachten, unberücksichtigt bleiben."
Die Landesregierung versteht dies so:
Höhere Hebesätze sind möglich.
Fehlende kommunale Finanzmittel können sowohl durch eine höhere Finanzausgleichsmasse als auch durch höhere kommunale Einnahmen ausgeglichen werden.
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Der Hinweis auf das Urteil vom 14.02.2012 ist zu beachten. Größtmögliche Kräfteanspannung heißt "angemessene Ausschöpfung der Einnahmen". Dies kann nicht bedeuten durchschnittliche Hebesätze im Bundesvergleich, sondern max. nach Gebietskörperschaftgröße. Auch keine 1.758 % oder flächendeckend 995 %, angemessen nach Lage des Einzelfalls.
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Es werden Ausgaben nach Aufgabenbereichen und Körperschaftsgruppen erfasst, auch mit niedrigen Werten.
Mit Körperschaftsgruppen müssen nicht zwingend die bekannten Gebietskörperschaftsgruppen gemeint sein. Hingewiesen sei auf die mögliche Bildung von Untergruppen, aber ggf. auch je nach Aufgabenbereich auf die mögliche Vergleichbarkeit von Kommunen unterschiedlicher Gebietskörperschaftsgruppen.
VerfGH Urteil Randnummer 104:
"Auf welche Weise der Gesetzgeber darüber hinaus die Wahrnehmung eines "Minimums freier Aufgaben" (VerfGH RP, Urteil vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 –, AS 41, 29 [38]) sicherstellt, ist ebenfalls von seinem Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum umfasst. Durch die von ihm gewählte Konzeption muss allerdings wirksam verhindert werden, dass infolge unzureichender Finanzausstattung überhaupt keine freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben mehr wahrgenommen werden können."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Für das Minimum freier Aufgaben wäre ein Festbetrag denkbar, der jährlich in Höhe eines Indexes aus Tarifabschlüssen, Lebenshaltungskosten und Baupreisen fortgeschrieben wird.
VerfGH Urteil Randnummer 105:
"Ein funktionierender Finanz- und Lastenausgleich fordert ein entschlossenes Zusammenwirken aller Ebenen. Daher ist die für die Aufgabenerfüllung adäquate Finanzausstattung über den kommunalen Finanzausgleich lediglich insoweit zu decken, als keine eigenen kommunalen Mittel vorhanden sind. Der Gesetzgeber darf bei seinen Berechnungen und Annahmen neben den tatsächlichen Einnahmen auch die Einnahmemöglichkeiten berücksichtigen, da die Kommunen eigene Einnahmequellen auszuschöpfen haben."
Die Landesregierung versteht dies so:
Finanzausgleichsmasse
= Aufgabenadäquate Finanzausstattung
= erforderliche Ausgaben
./. Einnahmen
./. nicht ausgeschöpfte Einnahmemöglichkeiten (Hebesätze).
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Bei der adäquaten Finanzausstattung ist in jedem Fall die Verwendung der Mittel durch das Land zu beachten. Im Fall der Verwendung der den Kommunen zustehenden Finanzmittel für "Landesprogramme" ist dieser Betrag wieder zu erstatten, um eine tatsächliche adäquate Finanzausstattung zu gewährleisten. Klarstellung: Die (adäquaten) Ausgaben liegen höher als der Mindestfinanzbedarf, so der hessische Staatsgerichtshof.
VerfGH Urteil Randnummer 106:
"Was die Verpflichtung der Kommunen zur entsprechenden Mitwirkung bei der Bewältigung der kommunalen Finanzkrise anbelangt, so beschränkt sich die Rolle des Landes als Ausfluss seiner Verpflichtung aus Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV nicht auf bloße Ratschläge, Hinweise oder Aufforderungen. Als Ausdruck und Folge der Ermittlungs- und Beobachtungspflicht des Gesetzgebers bzw. der Landesregierung liegt es in der maßgeblichen Verantwortung des Landes, die Informationsquellen auszuwerten und daraus etwaige Korrekturpflichten im Bereich der Finanzierung – etwa im Bereich der Realsteuerhebesätze – bzw. auf der Ausgabenseite bei der Aufgabenwahrnehmung abzuleiten und notfalls durchzusetzen (...) Namentlich die Unterbindung einer rechtswidrigen Haushaltsführung ist ein nach der Landesverfassung auch vor dem Hintergrund der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 49 Abs. 3 LV nicht nur zulässiges, sondern auch gebotenes Ziel der staatlichen Kommunalaufsicht.“"
Die Landesregierung versteht dies so:
Im Zweifel muss die Kommunalaufsicht tätig werden. Das ist die ADD und sind die 24 Landkreise. Jede Kommunalaufsichtsbehörde – wie im Übrigen auch jede kommunale Gebietskörperschaft oder das Land – hat sich an das Recht zu halten. Eine "verbindliche Vorgabe" der obersten Kommunalaufsichtsbehörde hätte deshalb keine zusätzliche Wirkung.
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Hier ist das Land selbst gefordert, die oberste Kommunalaufsicht muss verbindliche Vorgaben erstellen. Es ist nicht ausreichend, die Verantwortung der ADD oder den Kommunalaufsichten der Landkreise zuzuschieben. Die Formulierung im Urteil ist deutlich: „…so beschränkt sich die Rolle des Landes als Ausfluss seiner Verpflichtung aus Art. 49 Abs. 6 Satz 1 LV nicht auf bloße Ratschläge, Hinweise oder Aufforderungen.“
VerfGH Urteil Randnummer 107:
"Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden wäre etwa eine dynamische Komponente, die – an das Gebot der Verteilungssymmetrie anknüpfend – weitere Leistungen in Relation zu der konkreten Einnahmensituation des Landes setzte."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Das betrifft nur einen "Zuschlag" jenseits der erforderlichen finanziellen kommunalen Mindestausstattung.
VerfGH Urteil Randnummer 108:
"Im Hinblick auf die der Mindestfinanzausstattungsgarantie unterfallenden (eigenen und übertragenen) Pflichtaufgaben hat der Gesetzgeber den Finanzbedarf der Kommunen realitätsgerecht zu ermitteln, wobei er pauschalieren und typisieren darf (…). Eine individuelle Betrachtung jeder einzelnen Kommune ist dabei nicht gefordert."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Realitätsgerechte Ermittlung des Finanzbedarfs, Betrachtung aller Einzelkommunen nicht erforderlich.
Die individuelle Betrachtung einer jeden einzelnen Aufgabe würde auch gegen das Recht auf kommunale Selbstverwaltung verstoßen. Aber die Formulierung des VerfGH schränkt die theoretische Ermittlung des kommunalen Finanzbedarfs auf der Grundlage von durchgehenden Schätzungen und Pauschalierungen erheblich ein.
VerfGH Urteil Randnummer 109:
"Art. 49 Abs. 6 LV enthält Vorgaben weder für eine bestimmte Methode der Bedarfsermittlung noch hinsichtlich der heranzuziehenden Datengrundlagen. In Literatur und Rechtsprechung sind verschiedene Verfahren erörtert worden, die sich hinsichtlich ihrer Detailgenauigkeit erheblich voneinander unterscheiden. Denkbar wäre etwa, die konkreten Ausgaben für die verschiedenen Aufgabengruppen anhand von Finanzstatistiken zu ermitteln. Neben den für einen solchen Ansatz sprechenden praktischen Erwägungen (etwa eine verhältnismäßig schnelle und kostengünstige Umsetzung) wird der Gesetzgeber in seine Entscheidung aber auch die hiermit einhergehenden Risiken einzustellen haben, insbesondere die dadurch begründete Gefahr, das tatsächliche kommunale Ausgabeverhalten mit dem erforderlichen Mindestfinanzbedarf gleichzusetzen. Bei der Heranziehung von ausgabenbezogenen Statistiken ist daher erstens zu vermeiden, dass chronische Unterfinanzierungen bestimmter Aufgabenbereiche aus dem Blick geraten. Zweitens ist – sinnvollerweise unter Einbindung des Landesrechnungshofes – möglichst auszuschließen, dass Mehrausgaben faktisch als Bedarf anerkannt werden, obwohl die entsprechenden Ausgaben Resultate unwirtschaftlicher Haushaltsführung und nicht tatsächlicher Bedarfe sind. Drittens müssen Situationen identifiziert und reflektiert werden, in denen bestimmte Kosten aus dem Umstand resultieren, dass Aufgaben auf einem überdurchschnittlich hohen qualitativen Niveau erfüllt werden. Je mehr sich der Gesetzgeber in der Wahl seiner Methodik auf abstrakte Kennzahlen und Statistiken, welche auf dem reinen Ausgabeverhalten beruhen, stützen will, desto intensiver muss er sich jeweils die hiermit verbundenen Nachteile und Risiken des gewählten Ansatzes verdeutlichen und erkennbare Schritte unternehmen – etwa Korrektive vorsehen –, um diese auf ein vertretbares Maß abzumildern."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Rückgriff auf Finanzstatistik muss gründlich geprüft werden, vor allem vor dem Hintergrund des Alters der Daten und der sich fortentwickelnden Aufgabenwahrnehmung.
VerfGH Urteil Randnummer 112:
"Prozeduralisierungsanforderungen bestehen nicht nur im Vorfeld der gesetzgeberischen Entscheidung, sondern auch im Anschluss hieran. Der Gesetzgeber muss daher den Finanzbedarf der Kommunen nicht nur realitätsgerecht ermitteln und diese Ermittlung dokumentieren. Er unterliegt im Hinblick auf einmal getroffene Entscheidungen auch einer Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflicht, in deren Rahmen er die maßgeblichen Parameter des neuen Ausgleichssystems auf ihre Sachgerechtigkeit zu überprüfen und unter Umständen anzupassen hat. (…) Nicht ausreichend ist demgegenüber eine dauerhafte Fortschreibung der erstmalig erhobenen Daten zum kommunalen Finanzbedarf; die Ermittlung des kommunalen Finanzbedarfs ist kein einmaliger Akt (…). Denkbar wäre eine Anknüpfung an die vom Gesetzgeber in Art. 2 LFAGReformG vorgesehene Dreijahresfrist, sofern sich nicht bereits zuvor ein konkreter Anlass ergibt."
Die Landesregierung versteht dies so:
Neuer kommunaler Finanzausgleich wird Daueraufgabe, allerdings nicht jährlich.
Die AG der Kommunalen Spitzenverbände versteht dies so:
Die Forderung nach einer realitätsgerechten Ermittlung spricht gegen die Fortführung der Stabilisierungsrechnung, die bisher den Betrag aus dem Jahr 2003 fortschreibt. Bereits dieser Betrag unterlag einer politischen Entscheidung im Nachtragshaushalt 2003 und keiner Bedarfsermittlung.
VerfGH Urteil Randnummer 113:
"Die Schaffung von Anhörungs- und Beteiligungsrechten sowie die Bildung fachkundiger Gremien kann eine weitere – flankierende (ergänzende) – Maßnahme zur rechtswahrenden Verfahrensgestaltung im kommunalen Finanzausgleich darstellen."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände haben die Randnummer 113 gemeinsam mit den Randnummern 84 und 114 erörtert (unter dem Oberbegriff Prozedurale Absicherung) und halten fest:
Die bayerische Regelung (Art. 23 des Bayerischen Finanzausgleichsgesetzes) ist als 1:1-Blaupause für Rheinland-Pfalz nicht geeignet, aber kann durchaus eine Orientierung für eine über das gegebene Maß der Beteiligung der KSV an der finanzausgleichsrechtlichen Gesetzgebung hinausgehende Einbindung geben. Die Eckpunkte für die Orientierung wären dann:
1. Die Letztverantwortung des Haushaltsgesetzgebers bleibt bestehen.
2. Regelmäßige Einbindung der KSV in die Beobachtung der Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben der kommunalen und der Landesebene.
3. Erörterung der Entwicklung und Anpassung der aufgabenangemessenen Finanzausstattung zwischen Landesregierung und KSV rechtzeitig vor Beschluss des Regierungsentwurfs für das Haushaltsgesetz.
4. Verbindliche, d.h. gesetzliche Festlegung der institutionellen Regelung (Finanzausgleichskommission) und zeitlichen Abfolge der Beteiligung der KSV.
VerfGH Urteil Randnummer 114:
"Bei der konkreten Ausgestaltung dieser weiteren Verfahrensrechte verbleibt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum. In Rheinland-Pfalz ist mit dem Landesgesetz über den Kommunalen Rat – KomRatG – vom 22. Dezember 1995 (GVBl. S. 521) ein Gremium implementiert worden, das die Landesregierung in allen Angelegenheiten berät, die für die Gemeinden und Gemeindeverbände von Bedeutung sind."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände haben die Randnummer 114 gemeinsam mit den Randnummern 84 und 113 erörtert (unter dem Oberbegriff Prozedurale Absicherung) und halten fest:
Die bayerische Regelung (Art. 23 des Bayerischen Finanzausgleichsgesetzes) ist als 1:1-Blaupause für Rheinland-Pfalz nicht geeignet, aber kann durchaus eine Orientierung für eine über das gegebene Maß der Beteiligung der KSV an der finanzausgleichsrechtlichen Gesetzgebung hinausgehende Einbindung geben. Die Eckpunkte für die Orientierung wären dann:
1. Die Letztverantwortung des Haushaltsgesetzgebers bleibt bestehen.
2. Regelmäßige Einbindung der KSV in die Beobachtung der Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben der kommunalen und der Landesebene.
3. Erörterung der Entwicklung und Anpassung der aufgabenangemessenen Finanzausstattung zwischen Landesregierung und KSV rechtzeitig vor Beschluss des Regierungsentwurfs für das Haushaltsgesetz.
4. Verbindliche, d.h. gesetzliche Festlegung der institutionellen Regelung (Finanzausgleichskommission) und zeitlichen Abfolge der Beteiligung der KSV.
VerfGH Urteil Randnummer 118:
"Bei einer Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs hat der Gesetzgeber auch auf horizontaler Ebene den grundlegenden Wertungen und Aussagen der Landesverfassung, insbesondere dem Gebot interkommunaler Gleichbehandlung, Rechnung zu tragen. Dies schließt es nicht aus, die bedarfsorientiert ermittelte Finanzausgleichsmasse über ein System weitgehend abstrakt definierter Schlüsselzuweisungen auf die Empfänger der kommunalen Ebene zu verteilen. Auch insoweit steht es dem Gesetzgeber aufgrund seines Beurteilungsspielraums frei, auf eine Betrachtung jeder einzelnen Kommune zu verzichten und stattdessen zu pauschalieren und typisieren.“"
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Wenig Vorgaben für die horizontale Verteilung.
Die Unvereinbarkeit der §§ 5 bis 18 LFAG bieten auch die Chance, das gesamte Zuweisungssystem zu überdenken und auf Bestand zu überprüfen.
VerfGH Urteil Randnummer 120:
"Um eine sachwidrige Benachteiligung einzelner Gebietskörperschaften zu verhindern (…), könnte es sich anbieten, unter bestimmten Voraussetzungen (…) einen Ausgleich besonderer Härten vorzusehen, um die finanzielle Absicherung zur Wahrnehmung der Pflichtaufgaben und eines Minimums an freiwilligen Aufgaben zu gewährleisten (…). Hierfür könnte sich eine Erweiterung des Ausgleichsstocks (§ 17 LFAG) anbieten."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Die Unvereinbarkeit der §§ 5 bis 18 LFAG bietet auch die Chance, das gesamte Zuweisungssystem zu überdenken und auf Bestand zu überprüfen.
VerfGH Urteil Randnummer 121:
"Darüber hinaus ist das Land an die bereits im Jahr 2012 angemahnte Entlastung der stark verschuldeten Kommunen zu erinnern: Die Wirkungen des von Art. 49 Abs. 6 LV geforderten aufgabenadäquaten Finanzausgleichs können sich flächendeckend nur entfalten, wenn die mit Kassenkrediten belasteten Kommunen in die Lage versetzt werden, diese abzubauen und so dauerhaft zu einem materiellen Haushaltsausgleich zu finden. Ohne die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel zu diesem Zweck erscheint dies nach wie vor ausgeschlossen."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Eine Lösung des Liquiditätskreditproblems wird im Rahmen und / oder im Zusammenhang mit der KFA-Reform geprüft.
VerfGH Urteil Randnummer 122:
"Der Gesetzgeber wird jedoch unter Berücksichtigung des Gedankens der interkommunalen Solidarität zu prüfen haben, ob die Finanzausgleichsumlage in ihrer derzeitigen Ausgestaltung ein hinreichend effektives Instrument zur Beseitigung von Ungleichgewichten auf der kommunalen Ebene darstellt, ohne zugleich eine sachwidrige und damit verfassungsrechtlich untersagte Nivellierung bzw. Übernivellierung der Finanzkraftunterschiede zu bewirken."
Die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände verstehen dies so:
Hinweis des VerfGH, die Erhebung der Finanzausgleichsumlage mit dem Ziel eines intensiveren Ausgleichs zwischen den Gemeinden zu überprüfen.
Zu den Randnummern 84, 113 und 114 (Prozedurale Absicherung) haben die Landesregierung und die AG der Kommunalen Spitzenverbände gesondert besprochen:
Die bayerische Regelung (Art. 23 des Bayerischen Finanzausgleichsgesetzes) ist als 1:1-Blaupause für Rheinland-Pfalz nicht geeignet, aber kann durchaus eine Orientierung für eine über das gegebene Maß der Beteiligung der KSV an der finanzausgleichsrechtlichen Gesetzgebung hinausgehende Einbindung geben. Die Eckpunkte für die Orientierung wären dann:
1. Die Letztverantwortung des Haushaltsgesetzgebers bleibt bestehen.
2. Regelmäßige Einbindung der KSV in die Beobachtung der Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben der kommunalen und der Landesebene.
3. Erörterung der Entwicklung und Anpassung der aufgabenangemessenen Finanzausstattung zwischen Landesregierung und KSV rechtzeitig vor Beschluss des Regierungsentwurfs für das Haushaltsgesetz.
4. Verbindliche, d.h. gesetzliche Festlegung der institutionellen Regelung (Finanzausgleichskommission) und zeitlichen Abfolge der Beteiligung der KSV.